Zucker in Kinderlebensmitteln: Die Tricks der Industrie

Lebensmittel, die sich gezielt an Kinder richten, stecken oft voller Zucker. Besonders dreist: Viele Hersteller bewerben die pappsüßen Produkte als gesund. Wir haben uns die Tricks der Industrie angeschaut – und 40 Kinderlebensmittel unter die Lupe genommen.

TEST: CERLINE WOLF-GORNY
TEXT: MEIKE RIX

Unser Fazit nach Auswertung der Zuckergehalte von 40 Beispielprodukten
aus dem großen Sortiment: Bei Lebensmitteln, die sich erkennbar an Kinder richten, müssen Eltern ganz besonders genau hinschauen. Denn häufig steckt in ihnen mehr Zucker als in den vergleichbaren Produkten für Erwachsene. Und viele Hersteller bewerben die gezuckerten Produkte dann auch noch mit Vitaminzusätzen oder dem aus unserer Sicht irreführenden Aufdruck „ohne Zuckerzusatz“.

Beikost: Bei den Kleinsten fängt es an

Den Vogel schießen die Babynahrungsanbieter ab. Zu den als „bewusste Ernährung“ beworbenen Beikostprodukten von Alete zählen zum Beispiel ein Babybrei mit Keksgeschmack zum Trinken und ab dem achten Monat ausgelobte Babykekse, beide gezuckert – wie auch der Milupa Milchbrei „Kleiner Genießer Stracciatella” von Danone. Produkte für Säuglinge unter einem Jahr sollten nach Expertenmeinung gar nicht gezuckert sein. Auch der Zucker in den anderen
eingekauften Baby- und Kinderkeksen „ohne Zuckerzusatz“ – aber mit Sirup,
Saftkonzentraten und Dicksäften –ist leider nicht gesünder. Die ebenfalls oft schon für Säuglinge ausgelobten Quetschies sind teils ähnlich zuckerhaltig wie die Kekse. Dabei sollte verarbeitetes Obst, das für Kinder beworben wird, laut der Nährwertprofile der Weltgesundheitsorganisation (WHO) höchstens zehn Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten. Das ist doch alles natürlicher Fruchtzucker? Ja, klar. Aber das macht ihn nicht gesünder. Zucker ist Zucker.

Cerealien: Zucker zum Frühstück

Auch bei Frühstückscerealien empfiehlt es sich, auf den Gesamtzuckergehalt zu gucken. Wir haben drei Produkte eingekauft, bei denen dieser mit 8,5 bis 13 Gramm Zucker pro 100 Gramm moderat ist. Mit der Rewe-Eigenmarke Ja! Honey Wheats hat ein dreijähriges Kind dagegen mit einer 40-Gramm-Portion schon ungefähr 85 Prozent der Menge an Zucker weggenascht, die es an einem ganzen Tag besser nicht überschreiten sollte. Beim Klassiker Kellogg’s Frosties, dem traurigen Rekordhalter im Test, sind es sage und schreibe 99 Prozent. Anders als die ebenfalls noch zu süßen Nestlé Nesquik Intense Choco Waves enthalten die Frosties noch nicht einmal nennenswerte Anteile an sättigenden Ballaststoffen.

Joghurt: Die Milch macht’s nicht besser

Bei Joghurt denken viele Eltern: Das ist doch gesund? Ja, Joghurt kann gesund sein. Aber nicht immer – und einige der Produkte in unserem Test sind extrem zuckrig. Am süßesten sind die Kinderjoghurts mit Toppings Nestlé Mix-in Smarties & Joghurt und der Müller Joghurt mit der Ecke Tom and Jerry (Weitere)Süßigkeiten sind an dem Tag nach so einem Becher eigentlich nicht
mehr drin. Daran ändern auch die von Nestlé beworbenen „82 % Milch“ nichts.
Für Kinder beworbene Joghurts, Frischkäsezubereitungen und Quarks sollten laut WHO höchstens zehn Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten. Das erfüllt gerade einmal die Hälfte der Joghurts im Test.

Kinderketchup: Was soll das?

Soßen, darunter explizit Ketchups, die sich in ihrer Aufmachung an Kinder richten, sollten laut WHO überhaupt keinen zugesetzten Zucker enthalten. Deswegen sind wir an dieser Stelle strenger als im Test Ketchup (ab Seite 36), was die Zuckergehalte der Kinderprodukte betrifft. Ketchup ist ein süßes, ungesundes Lebensmittel – die Werbung, die sich direkt an Kinder richtet, sollte die Industrie sich deswegen sparen, finden wir. Zu guter Letzt haben wir aber auch noch ein positives Beispiel bei den Kinderlebensmitteln: Die Ppura Kinder Tomatensauce, Bio kommt ganz ohne süßende Zusätze wie Apfelsaftkonzentrat
aus. Es geht also – wenn man will.

Dreiste Werbung

Es sind nicht nur Verbraucherschützer wie wir, die seit Jahren
die Werbung mit vermeintlich gesundheitlichen Wirkungen auf ungesunden Kinderlebensmitteln kritisieren – auch die WHO fordert
ein Verbot. Die Industrie beeindruckt das bislang wenig. Ein paar
besonders dreiste Beispiele:

„Ohne Zuckerzusatz“:

Jeder der von uns eingekauften Quetschies wirbt mit dieser Aussage.
Da ist kein extra zugesetzter Zucker drin, das stimmt natürlich – aber die Produkte sind von Natur aus so süß, dass Kinder mit einem der Quetschies 61 bis 93 Prozent der Höchstmenge an Zucker ausschöpfen, die sie laut WHO am ganzen Tag nicht überschreiten sollten. Fruchtzucker ist nicht gesünder. Zucker ist Zucker.

Von wegen gesund:

Die Fruchtzwerge werben mit Vitamin D und Calcium, Nestlé mit
Vitaminen und Vollkorn, Rossmann „mit viel guter Milch“. Allen gemein
ist: Sie werben auf extrem zuckrigen Produkten, die alles andere als gesund sind – durch die Werbung aber einen gesunden Anstrich bekommen sollen.

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