UMLAGE DARF NUR ZUR VERMEIDUNG VON INSOLVENZEN DIENEN
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bedankt sich für die Möglichkeit,
zum Entwurf einer Verordnung nach § 26 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) über
einen finanziellen Ausgleich durch eine saldierte Preisanpassung Stellung nehmen zu dürfen.
Der vzbv begrüßt die Absicht der Bundesregierung eine unkontrollierte und mit in-
dividuell überaus unterschiedlichen Belastungen einhergehende Preisweitergabe
durch eine Umlagefinanzierung zu ersetzen und dadurch Spitzenbelastungen auch für Privathaushalte abzumildern. Allerdings lässt der Entwurf noch einige Fragenunbeantwortet und erfüllt die Forderung des vzbv nach einem vollständig am Gedanken der gesamtgesellschaftlichen Aufgabenbewältigung orientierten Kostenverteilung nicht umfänglich. So sollte bereits die im Verordnungsentwurf vorgesehene Möglichkeit der Gasimporteure 90 Prozent der Kosten für eine Ersatzbeschaffung an die nachfolgenden Ebenen in der Lieferkette weiterreichen zu können, hinsichtlich der Höhe dieses Betrages überdacht werden. Da es ausweislich der Begründung ausschließlich um die Vermeidung einer Insolvenz der betroffenen Gasimporteure dient, sollte die Höhe dieses Prozentsatzes noch einmal im Lichte dieses Grundsatzes reflektiert werden. Eine Absenkung auf 85 Prozent oder zumindest eine Evaluierung mit entsprechender Absenkungsoption erscheint angebracht.
Transparenz und Überprüfbarkeit
Der vorliegende Entwurf macht an zwei Stellen deutlich, dass die darin vorgesehenen Ausgleichszahlungen ausschließlich der Verhinderung von Insolvenzen, nicht aber der Absicherung von Gewinnen auf Kosten der Verbraucher dienen dürfen. Dieser begrüßenswerte Ansatz wird aber nicht durch entsprechende Vorgaben abgesichert. Die Erfüllung der Anspruchsberechtigung nach § 2 Absatz 1 durch den Prüfvermerk eines Wirtschaftsprüfers oder vergleichbarer Einrichtungen als gegeben anzusehen, genügt aus unserer Sicht diesem Anspruch nicht. Es ist verständlich, dass angesichts der kurzen Zeiträume zur Prüfung und Auszahlung der Umlage ein praktikabler Weg beschritten werden muss. Es bedarf in diesem Fall aber einer nachgelagerten Prüfung, die im Fall einer bewussten Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzungen entsprechende Sanktionen nach sich ziehen.
Vorrangige Geltendmachung von Ersatzansprüche
Der § 2 Absatz 6 des Verordnungsentwurfs stellt die Zahlung von Ausgleichsan-
sprüchen unter einen Vorbehalt der Rückzahlung, falls der Gasimporteur eigene
Ansprüche, die er gegenüber seinem Lieferanten hat, erfolgreich durchsetzen
kann und verpflichtet ihn zur Durchsetzung bei überwiegenden Erfolgsaussichten.
Dies entspricht dem Grundsatz der Schadensminderungspflicht und ist somit
grundsätzlich zu begrüßen. Die Anforderung der überwiegenden Erfolgsaus-
sichten ist aber zu hoch angesetzt, eine Pflicht zur Durchsetzung ist auch bei
geringeren Erfolgsaussichten angebracht.
Darüber hinaus ist eine Pflicht zur Rückzahlung von nur 20 Prozent bei Verstoß
gegen diese Pflicht nicht angemessen und sollte bei mindestens 50 Prozent lie-
gen oder zumindest deutlich höher angesetzt werden. Alternativ ist eine Abtretung der Ansprüche an eine von der Bundesregierung als Treuhänder zu benennende Stelle zu prüfen.
Einzubeziehende Kosten
Gemäß § 5 Absatz 2 des Entwurfs können neben den Ausgleichsansprüchen und
den Abschlagszahlungen dafür auch Kosten des Marktgebietsverantwortlichen, dieihm im Zusammenhang mit dem Ausgleichsverfahren entstehen, in die Umlageeinbezogen werden. Dazu gehören unter anderem die notwendigen Kosten für IT, Personal, Finanzierung, Rechtsberatung und Versicherungen. Diese breite und ohne jegliche Begrenzung ermöglichte Umlage weiterer Kosten auf die Endverbraucher:innen muss eindeutiger definiert und ihre Notwendigkeit kontrolliert werden.
Information/ Weitergabe der Kosten
Im Hinblick auf die in § 7 des Entwurfs geregelten Publikations- und Informations-
pflichten sollte beachtet werden, dass echte Transparenz nur dann entstehen
kann, wenn die Informationen in einem für Verbraucher:innen üblichen Format dargestellt werden. Im vorliegenden Verordnungsentwurf nicht geregelt ist die Weitergabe der Kosten an die Endverbraucher:innen. Um die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit mit unabsehbaren Folgen für Anbieter und Verbraucher:innen zu vermeiden, sollten die Rahmenbedingungen für die in § 7 Absatz 2 des Entwurfs vorausgesetzte Abwälzung der Umlage auch auf dieser Ebene geklärt und verbraucherfreundlich ausgestaltet sein. Dazu gehören unter anderem die Bestimmung einer angemessenen Frist sowie der erforderlichen Informations- und Publikationsfristen. Es muss klar werden, welche Preisbestandteile aus welchen Gründen an die Endverbraucher:innen weitergegeben werden und welche Rechte Verbraucher:innen in dieser Situation zustehen. Eine weitergehende Möglichkeit zur Weitergabe von Preisen außerhalb des neuen Umlagesystems an Verbraucher:innen darf es nicht geben. Die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes sollten darüber hinaus keinesfalls angetastet werden.
Der vzbv fordert:
Die Weitergabe der Kosten an die Endverbraucher:innen durch die Energielie-
feranten muss absolut transparent sein. Es muss klar werden, welche Preis-
bestandteile aus welchen Gründen an die Endverbraucher:innen weitergege-
ben werden.
Es darf keine Querfinanzierung von energieintensiven Unternehmen
durch die Gruppe der privaten Verbraucher:innen geben. Unternehmen
müssen entsprechend dem Anteil ihres Verbrauchs an den umzulegenden
Kosten beteiligt werden.
Endverbraucher:innen müssen so schnell wie möglich Klarheit darüber be-
kommen, was wann auf sie zukommt. Nur so können sie die erforderlichen
Vorkehrungen (zum Beispiel entsprechende Rücklagen) treffen.
Darüber hinaus ist unerlässlich, dass das erforderliche Hilfspaket spätes-
tens mit der Umlage in Kraft tritt.