Nachhaltige Geldanlage

Geld nachhaltig anlegen – wie Sie vorgehen können und was schwierig ist

Immer mehr Menschen möchten mit ihrem Geld neben einer angemessenen Rendite auch einen positiven Beitrag für den Klimaschutz, die Umwelt oder ethische bzw. soziale Belange leisten. Doch welche Kriterien gelten für diese Anlagen? Wie sicher sind sie und welchen Beitrag leisten solche Produkte?

Quelle: Verbraucherzentrale

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Interesse an nachhaltiger Geldanlage wächst.
  • Dabei haben Verbraucher bei Risiko, Verfügbarkeit und Rendite weitgehend identische Wünsche wie an konventionelle Produkte.
  • Ein Nachhaltigkeits-Versprechen eines Anbieters allein sagt aber noch nicht viel aus – die Produkte sind unterschiedlich nachhaltig.
  • Weil der Markt unübersichtlich ist, sind transparente und verständliche Informationen erforderlich.

Immer mehr Menschen möchten mit Ihrem Geld einen positiven Beitrag leisten: für das Klima, die Umwelt oder ethische bzw. soziale Themen. Dies zeigt auch eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) aus dem Jahr 2020: Danach ist jeder zweite Verbraucher grundsätzlich bereit, Geld nachhaltig anzulegen. 69 Prozent der Befragten erwarten, dass diese Geldanlagen einen messbaren Beitrag zum Erreichen von Nachhaltigkeitszielen leisten sollten.

Der Markt für nachhaltige Geldanlagen wächst:

  • Ein Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) zeigt: In Deutschland gibt es einen starken Anstieg bei nachhaltigen Geldanlage im Privatkunden-Bereich.
  • Die aktuelle Klimadebatte und die Corona-Pandemie haben diesen Trend weiter verstärkt.
  • Mehr Werbung auch von eher konventionellen Anbietenden rückt nachhaltige Geldanlage-Produkte weiter ins Blickfeld.
  • Ab 2. August 2022 müssen Anbieter aufgrund des EU-Aktionsplans “Finanzierung nachhaltigen Wachstums” in Beratungsgesprächen die Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern abfragen.

Doch wie kommen Anleger zu ihrer nachhaltigen Geldanlage? Hält das beworbene Produkt, was es verspricht, und wird es den eigenen Erwartungen an Nachhaltigkeit gerecht? Ist es für Ihren Bedarf die richtige Lösung? Und wo findet man die ganzen Informationen dazu? Wir geben Hilfestellung.

Ihren Bedarf klären: Sicherheit, Verfügbarkeit, Renditeerwartung?

Solche Überlegungen gehören zu jeder Geldanlageentscheidung – möglichst früh. Denn nicht nur für nachhaltige, sondern für jede Geldanlage gilt: Sie muss Ihren Bedarf decken. Für alle Anlageformen gibt es nachhaltige Varianten. Sie bergen die gleichen Ertragschancen und Verlustrisiken wie konventionelle Geldanlagen. Wie hoch diese ausfallen, hängt dabei in erster Linie von der Anlageform ab. Beachten Sie, dass sich nicht alle Anlageformen insbesondere für unerfahrene Anleger eignen. Die Service-Informationen im roten Kasten unten helfen hier weiter.

Hinzu kommen Ihre persönlichen Bedürfnisse. Diese sollten Sie sich vor jeder Anlageentscheidung bewusstmachen. Welche Anlageform entspricht am ehesten ihrem persönlichen Bedürfnis an Sicherheit, Verfügbarkeit und Rentabilität?

Bevor Sie also einen Vertrag über eine nachhaltige Geldanlage schließen, klären Sie zunächst Ihren Bedarf, indem Sie diese Fragen beantworten:

  • Müssen Sie über die Geldanlage jederzeit verfügen können oder können Sie für eine gewisse Laufzeit darauf verzichten? 
  • Welches Maß an Sicherheit vor Wertschwankungen oder Verlusten verlangen Sie? Oder wollen Sie für ein mögliches Mehr an Rendite ein höheres Risiko eingehen? Eine höhere Renditeerwartung ist oft auch mit einem höheren Risiko verbunden. Eine breite Streuung der Anlagen und ein langer Anlagehorizont reduzieren Risiken.
  • Und wie hoch sind die Kosten? Höhere Kosten gehen in der Regel zu Lasten der Rendite. Manche als nachhaltig beworbene Produkte fallen durch Kosten auf, die über dem Üblichen liegen.

Weshalb Produkte unterschiedlich nachhaltig sind

In allen Anlageklassen, von Sparprodukten über Investmentfonds, Aktien, Anleihen bis hin zu risikoreichen Direktinvestments, gibt es mittlerweile nachhaltige Produktvarianten.

  • Man erkennt sie an den Kürzeln ESG (enviromental, social, governance) bzw. SRI (socially responsible investment).
  • Oder sie tragen Zusätze wie “sustainable”, “grün”, “nachhaltig” oder “Klima” in ihren Namen.

Doch wie nachhaltig diese Produkte tatsächlich sind, lässt sich daraus per se nicht ableiten. Die Gründe dafür sind unter anderem:

a) Keine verbindlichen Kriterien

Es gibt keine einheitliche Definition für nachhaltige – oder auch ethisch-ökologische oder grüne – Geldanlagen. Der Begriff ist nicht geschützt und es gibt auch keine Mindeststandards. Jeder Anbieter kann etwas anderes damit meinen.

b) Unterschiede durch die Wahl der Anlageansätze

Die Anbieter wenden sogenannte ESG-Kriterien an. Dieses englische Kürzel steht für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Dabei gibt es unterschiedliche Anlageansätze, die entweder vermeidenden oder fördernden Charakter haben. In der Praxis werden diese zum Teil auch miteinander kombiniert – je nach Nachhaltigkeitsverständnis des jeweiligen Anbieters.

Vier gängige Anlageansätze stellen wir hier vor:

  1. Ausschlusskriterien (Negativkriterien)
    Es wird bestimmt, in welche Unternehmen oder Branchen kein Geld fließt. Sehr häufig wird die Produktion von Atomenergie, Kohle, Erdöl, Waffen und Tabak ausgeschlossen. Oder es bleiben alle Firmen außen vor, die Kinderarbeit oder Arbeitsrechtsverletzungen zulassen.
  2. Gezielte Investitionen (Positivkriterien)
    Es wird festgelegt, in welche nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen und Branchen investiert wird. Beispielsweise können diese zum Bereich der erneuerbaren Energien gehören. Oder es sind Firmen, die sich durch ein besonderes soziales Engagement auszeichnen.
  3. Best-in-Class
    Die Anbieter wählen solche Anlagemöglichkeiten aus, die in ihrer Branche im Sinne der Nachhaltigkeit besser zu bewerten sind. Keine Branche wird von vorneherein ausgeschlossen. Deshalb können auch Wirtschaftszweige wie die Erdöl-, Atom- oder Rüstungsindustrie im Portfolio landen. Dies mag auf den ersten Blick verwundern. Dahinter steckt aber der Wunsch, dass so auch die weniger engagierten Branchenvertreter animiert werden sollen, es dem “Klassenbesten” gleich zu tun. Indem sie ihr soziales, ethisches und ökologisches Engagement verstärken, können sie in ihrem ESG-Rating künftig besser abschneiden. Befürworter dieses Ansatzes hoffen, dass so die gesamte Branche nachhaltiger wird.
  4. Engagement
    Dabei treten Finanzanbieter wie Fondsgesellschaften, Versicherungen oder Banken in den direkten Dialog mit Unternehmen oder nutzen bei Aktiengesellschaften ihre Stimmrechte als Aktionäre, um auf die Unternehmenspolitik einzuwirken. Durch diese Einflussnahme soll das Unternehmen nachhaltiger werden.

Alle genannten Anlageansätze haben aber auch Grenzen und Schwächen.

Bei den Positivkriterien unterscheiden sich oft die Blickwinkel auf die Nachhaltigkeit. So kann man kritisieren, dass Gezeitenkraftwerke, Windräder, Staudämme oder die Herstellung von Biokraftstoff auch ökologisch negative Folgen haben können. Außerdem birgt eine geringere Streuung bei Fokussierung auf eine Branche beispielsweise der erneuerbaren Energien ein höheres Schwankungs- und Verlustrisiko.

Auch bei den Ausschlusskriterien scheiden sich oft die Geister. Bei den von der Verbraucherzentrale Bremen durchgeführten Untersuchungen zu Banken und zu Investmentfonds wurde ersichtlich, wie unterschiedlich diese angewandt wurden und wie unterschiedlich die Erwartungen der Anleger hierzu sind. Auch Toleranzgrenzen werden bei den Ausschlüssen manchmal geduldet.

Und wenn man Unternehmen bevorzugt, welche ihre Mitarbeiter zwar fair bezahlen und sich für gute Arbeitsbedingungen einsetzen, aber “umweltschädlich” produzieren, entsteht ein Spannungsfeld: Naturgemäß wird in jedem ESG-Rating ein Umweltschaden mit einem positiven Umgang mit der eigenen Belegschaft aufgerechnet. Anleger sollten daher prüfen, wie das Nachhaltigkeitsverständnis des Finanzanbieters oder des Produktes ist und ob die Anwendung der Ansätze zu den eigenen Vorstellungen passt.

c) Unterschiedliche Bewertung durch Ratingagenturen

Um die Nachhaltigkeit von Unternehmen zu bewerten, greifen Produktanbieter, Vermögensverwalter, institutionelle Investoren sowie Siegelanbieter auf ESG-Ratings zurück. Deren Einschätzungen fallen aber unterschiedlich aus. Die Gründe für die Abweichungen sind, dass Messung, Anwendung und Gewichtung von Nachhaltigkeitskriterien nicht einheitlich geschehen. Hinzu kommt eine weitere Unsicherheit: Manche Agenturen greifen auf öffentliche Daten zurück, andere erweitern sie noch um Informationen von NGOs, Medien, aus Unternehmensberichten und Interviews. Fehlende einheitliche Standards für Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen erschweren die Auswertung zusätzlich.

Die so genannte Taxonomie-Verordnung könnte die Datenlage für ESG-Ratings zukünftig verbessern. Es soll ein Klassifizierungssystem entwickelt werden, welches erstmals ein einheitliches Verständnis der Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten in der EU schaffen soll. Bis heute gibt es solche Kriterien nur für Umweltziele: Eine Wirtschaftsaktivität gilt demnach als taxonomie-konform, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele leistet, ohne den anderen zuwiderzulaufen.

Dazu werden Prüfkriterien (Grenzwerte) definiert für

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung von Umweltverschmutzung,
  • Schutz und Wiederherstellung von Ökosystemen und Biodiversität.

Mit der Ausweitung der Taxonomie-Verordnung in den nächsten Jahren sollen Kriterien für weitere Nachhaltigkeitsziele folgen.

d) Unterschiedliche Wirkungskanäle

Ihre Geldanlage hat eine nachhaltige Wirkung, wenn Sie damit Unternehmen zu nachhaltigem Handeln bewegen. Man spricht dann von einem “Investor Impact”. Ein Beispiel: Sie investieren direkt in einen Windpark, der ohne Ihr Geld nicht entstanden wäre. Wenn Sie hingegen Aktien eines Unternehmens kaufen, das Windparks errichtet, dann wechseln die Aktien lediglich den Besitzer.

Zeigt uns dieses Beispiel, dass Aktien keine nachhaltige Wirkung haben können? Und wie steht es um die Wirkung von weniger risikoreichen Geldanlagen, also Sparprodukte, Investmentfonds und Green Bonds?

Mit diesen Fragen haben sich die Autoren Prof. Dr. Marco Wilkens und Prof. Dr. Christian Klein in einem vom vzbv beauftragten Gutachten befasst. Sie haben die transformativen Wirkungen (“Impact”) solcher Geldanlagen unter die Lupe genommen. Die Autoren gehen davon aus, dass Geldanlagen eine Wirkung haben, wenn durch sie Realinvestitionen zur Erreichung eines Nachhaltigkeitsziels durchgeführt werden, die ohne diese Geldanlagen nicht realisiert worden wären. In ihrer Untersuchung beschreiben sie drei Wirkungskanäle:

  1. direkt durch Renditeverzicht
  2. direkt durch Einfluss auf das Management
  3. indirekt durch verschiedene Mechanismen

Sie kommen zu dem Schluss, dass Geldanlagen privater Anleger eher indirekte transformative Wirkungen entfalten können. Durch eine indirekte Wirkung ist laut der Gutachter: “…im positiven Fall denkbar, dass Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver werden, zusätzliche Kunden akquirieren und bei Kreditinstituten als weniger riskant eingestuft werden und infolgedessen bessere Kreditkonditionen erhalten”. Auch könnte es “…dazu beitragen, dass Politiker eher bereit sind, eigentlich unpopuläre Entscheidungen zu Gunsten des Klimaschutzes zu treffen, weil sie weniger Angst haben müssen, dadurch Wählerstimmen zu verlieren”. Mehr Forschung dazu sei aber noch erforderlich.

Du hast Fragen?

Unser TÜV hat die Antworten!